Katalogbruch und Infoklinik

Beim Gespräch über die Möglichkeiten, eine private Büchersammlung in eine breiter zugängliche Bibliothek zu verwandeln, überraschte eine lang gediente Bibliothekarin mit einer schnöden Bemerkung über die schöne neue Welt der elektronischen Katalogisierung grosser Bibliotheken. In jeder solchen, führte sie aus, gebe es nämlich mindestens einen Katalogbruch, wie das ganz treffend heisse: Wenn bei einer Umstellung von einem System zum nächsten Bücher im Katalog einfach verloren gingen, und die würden dann auch wirklich in ihrer materiellen Gestalt verloren gegeben, obwohl sie womöglich oder sehr wahrscheinlich in einer Kiste oder in einem Regal einsam vor sich hin vegetierten.

Die Vehemenz, mit der diese Kritik vorgetragen wurde, war ein wenig überraschend, doch am gleichen Tag liessen sich in der grössten Bibliothek am Ort zwar nicht gerade ein Katalogbruch, aber doch einige überraschende Fehlleistungen feststellen. So war ein Band mit Aufsätzen zum gelegentlich beschworenen «Zerfall der Öffentlichkeit» auf dem Einband mit einer Etikette «Zufall der Öffentlichkeit» beschriftet worden. Und im Katalog wird zu einer Sonderausgabe einer Wochenzeitung, die von der Genossenschaft Infolink herausgegeben wird, vermerkt, Herausgeber sei die Genossenschaft Infoklinik. Da es sich bei der entsprechenden Ausgabe um eine Sondernummer zum Thema Sex handelt, mögen da allerlei Assoziationen zu Gesundheit und Reparaturtechniken oder zu spezifischen Fantasien und Spielereien mitgespielt haben. Und wenn solche Beispiele auch ins Fach launiger Anekdoten abgelegt werden können, so tauchen sie zugleich die Seriosität der Institution in ein leicht anderes Licht.

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