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Otto Steiger: Porträt eines angesehenen Mannes.
Unionsverlag, Zürich 1981. 280 Seiten, kartoniert (Erstauflage 1951).
Otto Steiger: Die Reise ans Meer. eco-verlag, Zürich 1986
(Gesammelte Werke Band 2). 186 Seiten, gebunden (Erstauflage 1960)
Otto Steiger: Spurlos vorhanden. eco-verlag, Zürich 1988
(Gesammelte Werke Band 4). 280 Seiten, gebunden (Erstausgabe 1980)
Otto Steiger: Ein Stück nur. Erinnerungen in Episoden.
Edition 8, Zürich 1999 (Gesammelte Werke Band 10). 220 Seiten, gebunden
(Erstausgabe).
Otto Steiger (1909-2005), einer der unterschätzten Schweizer
Schriftsteller. Als Schriftsteller galt er eher als Aussenseiter, war viel
bekannter als Nachrichtensprecher beim Schweizer Radio zwischen 1936 und 1942,
und dann nach dem Krieg als Gründer der privaten Steiger-Handelsschule in
Zürich, am Central; er hat aber hartnäckig über 20 Romane und Jugendbücher
veröffentlicht, beste politische Unterhaltungsliteratur. 1952, in Porträt eines angesehenen Mannes,
erzählt er den Aufstieg eines amoralischen Opportunisten, bei dem Geld und
Reichtum als Beweis für Rechtschaffenheit und Charakterstärke herhalten müssen,
aber die innere Leere nicht verbergen können. In dem 1960 erschienenen Roman Die Reise ans Meer zeigt Steiger das
Gegenstück, einen frühen Aussteiger. Nichts Spektakuläres, keine heroisch um
ihre Berufung ringende Künstlerexistenz, sondern einer, der einfach nicht mehr
mitmachen will im vorgezeichneten Leben, der eine Verlobung, eine moderate
Angestelltenkarriere hinwirft, sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlägt und
sich dann einem Zirkus als dummer August anschliesst. Bis er in einem Dorf fälschlicherweise
für den Besitzer des Haupttreffers in der Staatslotterie angesehen wird. Jetzt
kommt jener Mechanismus in Gang, den wir von andern Geschichten her kennen:
dass also, wo Macht oder Geld gewittert werden, plötzlich mehr Geld zur
Verfügung steht. Aber Steiger verschärft das Motiv und baut es in den zugrunde
liegenden wirtschaftlichen Mechanismus ein. Von einem Erfinder wird die
Hauptfigur als Partner eingestellt, worauf die Banken unbesehen Kredite für die
Produktion von revolutionären, weil beweglichen Schweizer Gartenzwergen zur
Verfügung stellen, die zuerst als «Volkszwerge für jeden Geldbeutel» zum
einheimischen Erfolg und dann als «nationale Zwerge», die dem Charakter und den
Gebräuchen unterschiedlicher Völker Rechnung tragen, zum Exportschlager werden.
Die Produktion und das Unternehmen vergrössern sich, worauf der Fiskus
aufmerksam wird; auf fachmännisches Anraten soll die Produktion defizitärer
Nebenprodukte die Gesamtrechnung wieder ins steuergünstige Lot bringen, doch
weil der Held allzu naiv von diesem Vorhaben erzählt, wird er des Steuerbetrugs
beschuldigt; schliesslich landet er, da er seine Fabrik verschenkt, im
Sanatorium: Ein handliches, unspektakuläres Lehrstück. Auch Steigers letztes
Buch, «Ein Stück nur» versammelt unauffällige und unbestechliche Erinnerungen
und Erzählungen, wie immer.